Ein musikalisches Multi-Agenten-System

Prof. Dr. Jochen Rieber vom Technikcampus Friedrichshafen der DHBW Ravensburg hat im Juli 2023 am Weltkongress der International Federation of Automatic Control (IFAC) in Yokohama/Japan teilgenommen. Neben dem wissenschaftlichen Programm und dem Austausch mit internationalen Kolleg*innen wartete eine ungewöhnliche Aufgabe auf Prof. Rieber: Er leitete das IFAC Control Orchestra – ein Orchester, das ausschließlich aus Mitgliedern der wissenschaftlichen Regelungstechnik-Gemeinschaft besteht.

Beim IFAC World Congress 2023 in Yokohama drehten sich zahlreiche Beiträge des wissenschaftlichen Programms um aktuelle Themen wie datengetriebene Regelkreise, verteilte Systeme und Robotik. Das Thema der Multi-Agenten-Systeme – eine Anzahl von handelnden Einheiten, die gemeinsam eine Aufgabe oder ein Problem lösen – wurde schließlich auf ungewöhnliche Weise in die Praxis umgesetzt. 33 Musiker*innen der Regelungstechnik-Gemeinschaft bildeten dabei vor Ort ein Orchester – sozusagen ein verteiltes, nichtlineares, robustes, adaptives hochdynamisches Multi-Agenten-System.

Die Idee für ein solches Orchester kam vom damaligen IFAC-Präsidenten Prof. Frank Allgöwer (Universität Stuttgart). Nachdem eine erste Auflage des Konzerts beim IFAC World Congress 2020 und ebenfalls unter Leitung von Prof. Rieber „nur“ virtuell über die Bühne ging, stand einem Live-Auftritt 2023 vor großem Publikum in Yokohama nichts entgegen.

Die Planungen begannen etwa 18 Monate vor dem Kongress, es fanden sich 33 talentierte Musiker*innen aus 13 Ländern zusammen: Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Norwegen, Südafrika, Schweiz, Vereinigte Arabische Emirate und USA. Breit angelegt und ungewöhnlich war die Besetzung des Orchesters mit Streichern, Holz- und Blechbläsern sowie Klavieren, Gitarren, E-Bass, Schlagzeug und Perkussion.

Die organisatorische Federführung übernahmen Prof. Jochen Rieber (DHBW Ravensburg) und Dr. Julian Berberich (Universität Stuttgart). Prof. Rieber fungierte dazu noch als Dirigent des IFAC Control Orchestra und schrieb speziell auf diese Besetzung zugeschnittene Arrangements. Parallel dazu wurden von einem lokalen Team in Japan unter Leitung von Prof. Tetsuo Shiotsuki (Tokyo Denki Universität) und Dr. Takashi Yamaguchi (Ricoh) Proberäume und große Musikinstrumente zur Ausleihe organisiert. Während des Kongresses gab es zwei 90-minütige Proben. Obwohl die Wissenschaftler*innen noch nie zuvor zusammen musiziert hatten, waren das Engagement und die Energie des Ensembles sofort spürbar. Die Harmonie und die Fähigkeiten der Orchestermitglieder mündeten in zwei agilen Proben auf sehr hohem musikalischem Niveau.

Am letzten Tag des Weltkongresses eröffnete das IFAC Control Orchestra die Abschlusszeremonie vor rund 2000 Teilnehmer*innen mit drei Musikstücken – mit der feierlichen Ballade „You Raise Me Up“ des norwegischen Komponisten Rolf Lovland, dem schnellen modernen Pop-Song „Blinding Lights“ des kanadischen Sängers The Weeknd und dem bekannten Rockklassiker „Don't stop believin'“ der US-amerikanischen Band Journey. Das Publikum belohnte den Auftritt mit enthusiastischem Applaus.

Jochen Rieber, DHBW Ravensburg, rieber@dhbw-ravensburg.de