„Es braucht den Menschen an der Schnittstelle“

Das Zentrum für empirische Kommunikationsforschung (ZEK) an der DHBW Ravensburg hatte zu einer Tagung zum Thema „Innovationen in der Kommunikation: KI, VR & Co. für wirksamere Sprache in der Unternehmenspraxis“ geladen. Gerade in den Zeiten von ChatGPT ein hochaktuelles Thema. Es ging darum, wie digitale Tools den Unternehmensalltag revolutionieren, ob die Maschine den Menschen ersetzen kann sowie um die Chancen und Gefahren dieser Entwicklung.

Als Redner geladen waren vier Experten, die solche digitalen Tools in ihrer Unternehmenspraxis einsetzen. Sie boten spannende Einblicke in die Möglichkeiten und gaben ihre Einschätzungen zu den Auswirkungen und zu der Rolle, die dem Menschen bei dieser Entwicklung zukommt und zukommen wird. Wieviel Mensch und wieviel Maschine dabei künftig noch vorkommen – darüber diskutierten die Redner und die Besucher*innen.

Mit seiner Keynote läutete Saim Alkan, CEO & Founder von AX Semantics, die Tagung ein. Sein Unternehmen stellt Software für die automatisierte Texterstellung zur Verfügung. Beeindruckende 70 Millionen Texte kommen da im Monat zusammen. Meist Produkttexte, die auf die unterschiedlichsten Sprachen und Kommunikationskanäle angepasst werden müssen. „Die Künstliche Intelligenz wird unser Tun vollständig verändern“, ist sich Saim Alkan sicher: „Was wir heute tun, werden wir in fünf Jahren nicht mehr tun.“ Sie ersetze den Menschen beim Texten von „langweiligen“ Produktbeschreibungen und oft sogar in Sachen Kreativität. Alkan ist übrigens gelernter Texter. Ganz ohne den Menschen geht es seiner Ansicht nach aber nicht: „Was es künftig braucht sind Betreuer, es braucht den Menschen an der Schnittstelle.“ Welchen Vorteil sieht er in dieser Entwicklung? „Wir können eine Kundennähe aufbauen, wie es ohne KI nicht möglich wäre.“ Der Mensch kann seiner Ansicht nach die Masse und die Zuverlässigkeit rund um Produktinformationen niemals leisten.

Andreas Förster ist Senior Consultant bei CommunicationLab, Institut für Textverständlichkeit. Sein Unternehmen hat begonnen mit digitalen Lösungen für verständlichere Texte. „Das allein reicht aber nicht, Firmen müssen eine Markensprache und damit ihre Identität definieren.“ Ob beim Formulieren einer E-Mail oder Gestalten eines Werbespots – und auch dabei hilft die Künstliche Intelligenz.

Ein preisgekröntes Produkt stellte Prof. Dott. Fabrizio Palmas, Creative & Technical Director bei straightlabs, vor – einen VR Speech Trainer. Viele Menschen haben Angst, in der Öffentlichkeit zu reden. Der Speech Trainer ist ein Virtual-Reality-Programm, um das freie Sprechen zu trainieren. KI und VR revolutionieren seiner Ansicht nach das Thema Lernen. Seine Sorge ist dabei die fehlende digitale Kompetenz an den Schulen und in Deutschland allgemein.

Marc Schneider, VP Strategic Business Development bei cognigy, ist Sales Person durch und durch und ist sich sicher, dass virtuelle Agenten herausragende Kundenerlebnisse schaffen. Seine Firma bietet einen automatisierten Customer Service an – mit dem Einsatz von virtuellen Agenten, unterstützt durch menschliche Assistenzen und verteilt auf verschiedene Kommunikationskanäle.

Vier Produkte rund um KI und VR – vier Erfahrungen an der Schnittstelle Mensch und Maschine. Dass mit KI, VR und Co. die Arbeitswelt revolutioniert wird, darin sind sich alle vier einig. Über die Rolle des Menschen ging es dabei im abschließenden Couchgespräch, moderiert von Michael Reidel, Leiter Redaktionelle Projekte bei Horizont, Deutscher Fachverlag. Reidel selbst hat übrigens keine Angst, durch die neue Technik seinen Job zu verlieren. Andreas Förster ist sich sicher: „Es kann nur Mensch und Maschine geben und nicht Maschine allein.“ Ganz anders sieht das Saim Alkan: „Der Mensch macht Fehler, Künstliche Intelligenz liefert da eine stabilere Leistung.“ Fabrizio Palmas appellierte, die Grenzen der neuen Technik zu begreifen und bewusst die Technologie als Mehrwert zu verstehen und zu definieren. „Wenn wir die Entwicklung als Dialog verstehen, werden wir tolle Ergebnisse haben.“ Er wies auch auf die Gefahren hin – ganz leicht können mit den fortschrittlichen Tools auch Fake News verbreitet werden. Marc Schneider ist sich sicher, dass mit ChatGPT „im November ein Meilenstein gesetzt wurde“. ChatGPT ist übrigens auch das Tool, mit dem die Referenten sich auf ihrem Heimweg gerne noch eingehend befassen möchten. Von Saim Alkan gab es für den Textgenerator noch ein dickes Lob: Ein Sprachmodell mit Gefühl für Text und Grammatik und mit Ergebnissen von außergewöhnlicher Qualität.

Moderiert wurde diese 7. Fachtagung des Zentrums für empirische Kommunikationsforschung (ZEK) von Franziska Baar, akademische Mitarbeiterin am ZEK, wissenschaftlicher Leiter des ZEK ist Prof. Dr. Simon Ottler, Dekan Wirtschaft an der DHBW Ravensburg. Das ZEK bündelt, unterstützt und forciert die Forschungsaktivitäten der DHBW Ravensburg in diesem Bereich.  Es bietet professionelle Unterstützung empirischer Projekte in Lehre und Forschung. Im Fokus der anwendungs- und transferorientierten Forschung stehen Menschen, Marken und Medien. Eine weitere Aufgabe ist die Bereitstellung eines umfangreichen, modernen Forschungsequipments. Über die Fachtagungen pflegt das ZEK regelmäßig den fachlichen Dialog.